Historie des Freibad Nettlingen
1938Der Bau des Freibades in Nettlingen
Seit ca. 1928 bestand der Wunsch in Nettlingen eine Freibadeanstanstalt zu errichten. Die ursprünglichen Planungen sahen die Erbauung in dem etwas weiterliegenden Teich in Richtung Dingelbe vor. Letztlich entschied man sich aber für den Bau eines Gemeinschaftsbades auf dem Grundstück der Gemeinde Nettlingen, den früheren Flachsrotten ("Auf den Rotten") in Sichtweite der Dingelber Zuckerfabrik.
Die Gemeinde Nettlingen stellte in ihrem Beschluss am 09.01.1938 sicher, dass durch Verpachtung des Landes "Auf den Rotten" zum ortsüblichen Pachtpreis die Freibadeanstalt gebaut werden konnte.
Da in der damaligen Zeit der Bau eines solchen Werkes für einen Ort zu umfangreich geworden wäre, schlossen sich mehrere Gemeinden zusammen und gründeten eine Betriebsgemeinschaft, den sogenannten Zweckverband "Schwimmbad Nettlingen", um gemeinsam das Ziel zu erreichen. Neben der Gemeinde Nettlingen beteiligten sich daher die Gemeinden Bettrum, Dingelbe, Farmsen, Feldbergen und Wöhle an der Errichtung und dem Betrieb des Bades. Die Kosten für das Bad sollten nach ersten Schätzungen ca. 160.000 RM betragen. Die eine Hälfte wurde als Zuschuss vom Kreis Marienburg gegeben, die andere Hälfte musste von den beteiligten Gemeinden getragen werden.
Bereits im April 1938 war die Grube für das Schwimmbecken fast ausgehoben. Es wurde noch mit Hand ausgeschachtet und das Erdreich in Loren geladen, um es auf den verlegten Feldbahnschienen abzutransportieren. Mit dem gewonnenen Erdreich schüttete man die Flachsrotten (Vertiefungen oder Wasserlöcher, in denen Flachs verrottete) zu. In Planung war, mit Beendigung der ersten Badesaison dieses Gelände einzuebnen, um es zu verschönern oder zu einem Sportplatz umzugestalten.
Die Fertigstellung der Badeanstalt war bereits für Ende Mai geplant. Wegen der schlechten Wetterlage verzögerten sich die Bauarbeiten. Die ausgehobene Grube für das spätere Wasserbecken konnte nicht betoniert werden, da sich immer wieder Wasser ansammelte und die Wände ständig einsackten. Im Juni waren die Umkleidekabinen mit dem Bademeisterbereich im Rohbau fertiggestellt. Der Entwurf und die Bauanleitung für diese Badeanstalt lag in der Hand des Bäderarchitekten Immendorf aus Hildesheim.
Im Stampfbetonverfahren schuf man ein Wasserbecken im Gesamtausmaß von 16m x 25m. Die Schwimmerabteilung mit einer Wassertiefe von 1,50m x 2m (in der Sprunggrube 3m) und aus dem Ausmaß von 10m x 25m war nur durch ein Holzgitter von der Nichtschwimmerabteilung, dass die Größe von 6m x 25m und einer Wassertiefe von 0,80m - 1,20m hatte, abgetrennt. Die Anlage bestand weiterhin aus einem Dreimetersprungbrett und zwei Einmeterbrettern, sowie vier Startblöcken und Holzleitern, die in das Becken führten. Das Wasser für das Badebecken wurde aus einem Filterbrunnen geliefert, der das Wasser teilweise auch aus der vorbeifließenden Klunkau entnahm. Durch die eingebaute Pumpanlage konnte der gesamte Beckeninhalt innerhalb von 4 Tagen erneuert werden. Die Umkleidekabinen bestanden aus 10 Einzelkabinen, sowie je einem Gemeinschaftsumkleideraum für Jungen und Mädchen. Ferner waren natürlich auch Brause- und Abortanlagen ("Plumsklo's") vorhanden. Die endgültigen Kosten beliefen sich auf 21.000 RM. Am Sonntag, den 31.07.1938 fand nachmittags, bei schönstem Wetter, die Einweihung statt. Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Vornkahl, eröffnete Landrat Schneider die Nettlinger Freibadeanstalt. Anwesend waren zahlreiche Einwohner und Bürgermeister aus allen Orten des Kreises. Unter der damals üblichen Beflaggung war auch die "Hitler-Jugend" vertreten.
Mitglieder des Hildesheimer Schwimmvereins HELLAS führten schwimmsportliche Vorführungen durch und zeigten die verschiedensten Stilarten des Schwimmens, sowie Sprünge jeder Art vom Dreimeterbrett (u.a. bekleidet und mit Regenschirm) Auch das Rettungsschwimmen wurde vorgeführt.
Der erste Bademeister wurde damals Herr Wilhelm Tönnies. Da er acht Jahre bei der Marine tätig war, folgerte Bürgermeister Vornkahl: "Du bist der Richtige!" Der Ex-Mariner bekam eine Ausbildung zum Bademeister in Hildesheim.
Frau Sonja Ostermann, Tochter des ersten Bademeisters, berichtete, dass zu der damaligen Zeit eine Badeanstalt, so wie sie 1938 in Nettlingen errichtet wurde , eine absolute Sensation darstellte. Normalerweise gab es lediglich Teiche, Tümpel oder Flüsse, die zum Baden genutzt wurden. Schwimmen konnten daher nur wenige. Auch weiß sie noch, dass die Aufregung groß war, weil Erna Bosse als Nichtschwimmerin am ersten Tag ins Wasser fiel.
Damals lernte man Schwimmen überwiegend im Schulunterricht, aber auch Bademeister Tönnies erteilte Lehrübungen im Schwimmen.
Das Badewasser war noch nicht gechlort und ständig mußten Mückenlarven abgeschöft werden. Nur durch regelmäßiges Ablassen des Wassers und Zulauf von Frischwasser wurde die Wasserqualität erhalten.
Da es überwiegend aus der Klunkau stammte, dort wurde es gestaut und mit einer Kreiselpumpe abgesaugt, mußte Herr Tönnies bereits morgens um 04:00 Uhr zur Badeanstalt, denn zu späterer Tageszeit hatten die Enten bereits im Bach gegründelt und das Wasser aufgewühlt, so daß es zu muddig war um es verwenden zu können. Direkt nach dem Krieg bekam Bademeister Tönnies von der Militärregierung eine Ausnahmegenehmigung dafür, weil für diese Zeit eine Ausgangssperre verhängt war.
Trotz der vielen Badegäste sind keine Krankheiten vorgekommen. An manchem Sonntag herrschte reger Badebetrieb. Es wurden 1000 bis 1200 Personen gezählt. In solchen Stoßzeiten mußte auch mal eine Woche geschlossen werden, um den gesamten Beckeninhalt zu erneuern. Das Wasser hatte dann bei Badebeginn nur ca. 13 Grad, aber daran war man früher gewöhnt. Die Badesaison dauerte von Anfang Mai bis Ende Oktober.
1939 – 1948Delikatessen, Bohnen und Raupenzucht
An den Wochenenden war die ganze Familie Tönnies eingespannt, damit der Bademeister allen seinen Aufgaben gerecht werden konnte. Sonja half ihrem Vater, indem sie den Eintritt kassierte (Tageskarte: Kinder 10 Pf, Erwachsene 20 Pf, Monatskarte: Kinder 50 Pf, Erwachsene 1 RM). Auch wurden in den ersten Jahre Süssigkeiten, Limonade und Sonntags sogar Fischbrötchen für 10 Pfennig als Delikatesse zum Verkauf angeboten. Bis 1940 lieferte Firma Fisch-Steiner aus Schellerten dafür Sardinen. Danach gab es bedingt durch den Krieg kaum noch etwas zu kaufen.
Um den Schulen den Schwimmunterricht zu ermöglichen konnte Bademeister Tönnies an den Wochentagen um die Mittagszeit kaum eine Pause einlegen. Sonja brachte ihm das warme Mittagessen in die Badeanstalt. Ein Planschbecken war im Freibad noch nicht vorhanden. Für die Kleinsten wurde ein Teil des Nichtschwimmerbeckens mit Brettern abgetrennt, daß Holz wurde ab so glatt, dass alle ausrutschten.
Dort wo sich heute das Planschbecken und die Liegewiese befinden, durfte der Bademeister einen Gemüsegarten bestellen. Tönnies baute Kartoffeln und Bohnen an. Der größte Teil der Bohnenernte musste an die Konservenfabrik abgegeben werden. Tagsüber während des laufenden Badebetriebes mussten die Bohnen gepflückt und geschnippelt werden, abends brachte sie seine Kinder mit dem Handwagen zur Konservenfabrik in Bettrum. Meistens waren es 2 bis 3 Zentner am Tag, denn der Boden war durch das Unterpflügen guter Erde von der Dingelber Zuckerfabrik sehr fruchtbar. Auf dem Rückweg konnten sich die Kinder im Bollerwagen den Berg runterrollen lassen, das war der schönste Lohn dür die getane Arbeit .
Neben der Betreuung seiner Badegäste und dem Anbau von Gemüse, pflegte W. Tönnies auf dem Gelände der Badeanstalt die Seidenraupenzucht. Jede Gemeinde war von der Kriegsmaschinerie angehalten worden Maulbeerbüsche anzupflanzen und Seidenraupen zu züchten. Dazu errichtete Bademeister Tönnies ein Raupenhaus. Dieses steht heute noch. Die Larven, die nach 2-3 Tagen aus den Raupeneiern schlüpften, mußten sechs Wochen drei- bis viermal am Tag mit Maulbeerblättern gefüttert werden. Als sie fingerlang waren, kamen sie auf Gitter, um sie sie eine Acht sponnen, bis der Kokon auf Walnussgröße angewachsen war. Vor der Entpuppung wurden die Seidenfäden gespindelt. Auch nach Kriegsende bis 1948 mußte Wilhelm Tönnies für die Engländer weiterzüchten.
1953Neues Nichtschwimmerbecken wird gebaut
1953 wurde die Badeanstalt einer durchgreifenden Erneuerung und Vergrößerung unterzogen. Der Bau eines neuen Nichtschwimmerbeckens neben dem bisherigen Becken und eines Planschbeckens auf der rückwärtigen Liegewiese erweiterten die Anlage. Bei dieser Gelegenheit wurde das Schutzgitter entfernt, das den Nichtschwimmer vom Schwimmerbereich in dem großen Becken abtrennte.
1954 – 1960Das Problem mit dem Wasser
Nach Herrn Tönnies übernahm Herr Wilhelm Klemme 1954 die Tätigkeit des Bademeisters und gleichzeitig auch die sogenannte "Fahrradwache". In diesem Jahr wurde eine Bohrrung bis zu 50 m Tiefe durchgeführt, um die immer wieder auftretenden Wasserversorgungsprobleme in den Griff zu bekommen. Durch Wasseruntersuchungen wurde festegestellt, daß man auf eine Salzwasserader gestoßen war. Erkundigungen in Bad Salzdetfurth ergaben leider, daß sich das Wasser nicht für den Badebetrieb eignete.
Die Hoffnungen einiger Nettlinger auf ein "Bad Salznettlingen" konnten sich deshalb nicht erfüllen. Auch die Zuckerfabrik in Dingelbe konnte das Wasser nicht verwenden, darum versandete das Bohrloch wieder.
Zum 01.05.1955 wurde Herrmann Radtke als Bademeister eingestellt. Nachfolger war ab 1957 sein Sohn Wolfgang Radtke mit einem Lohn von 200,- DM. Der Vater unterstützte ihn weiterhin als Rechnungsführer.
Die Wasserversorgung blieb auch in den folgenden Jahren das Hauptproblem beim Betreiben des Bades. So wurden z.B. 1958 Überlegungen angestellt, eine Wasserleitung von den Forellenteichen bis zur Badeanstalt zu verlegen.
1959 befasste sich sogar das Tiefbauamt mit der Beschaffung von Wasser.
1960 erreichte die Wasserversorgungsproblematik ihren Höhepunkt. Hierzu trug auch die Verunreinigung der Klunkau durch Jauche bei. Dies wird aus dem Protokoll des Zweckverbandes vom 07.03.1960 deutlich.
Zu einem späteren Zeitpunkt fasste der Zweckverband den Beschluss, eine Wasseraufbereitungsanlage anzuschaffen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf ca. 25.000,- DM. Die dazu notwendigen Arbeiten wurden von Firmen aus den beteiligten Gemeinden durchgeführt.
1962 – 1969Einnahmen & Investitionen
1962 erfolgte der Umbau der sanitären Anlagen. Gleichzeitig wurde das Bad an den Schmutzwasserkanal angeschlossen. Im selben Jahr stellte man Frau Lisa Samtlebe aus Helmersen (Nichte von Herrmann Radtke), als Bademeisterin ein. Sie blieb es bis 1965. Auch das dazugehörige Gartenland wurde ihr zugesprochen.
1964 dauerte die Badesaison vom 15.04. bis 15.10., es wurden ca. 20.000 Gäste in dem als sehr gut bezeichneten Badejahr gezählt. Die Einnahmen betrugen 11.566,22 DM. Dagegen war das Jahr 1965 infolge des schlechten Wetters ein mäßiges Badejahr. Hier betrugen die Einnahmen nur 6.962,27 DM.
In den Jahren 1966 und 1967 übernahm Henry Mandelkow den Badebetrieb, mit einem monatlichen Lohn von 500,- DM. Während dieser Zeit wurden die Durchlaufbecken eingebaut.
Die insgesamt anfallenden Unterhaltskosten für die Badeanstalt wurde ab jetzt auf die einzelnen Gemeinden im Zweckverband nach dem Verhältnis der Einwohner und der Steuerkraftmesszahl erhoben. Die Berechnung nur nach der Einwohnerzahl wurde abgelehnt.
Von 1968 bis 1969 führte Josef Meyer den Betrieb im Freibad fort. Der Anschluss an die Wasserleitung erfolgte 1969. Die dazu notwendigen umfangreichen Bauarbeiten mussten bis zum 15.05.1969 abgeschlossenen sein, damit pünktlich eröffnet werden konnte. Bei Nichteinhaltung der Frist wurde eine Konventionalstrafe von 100,- DM pro Tag und pro Firma festgelegt.
Eintrittspreise im Jahre 1969:
Tageskarten | Kinder | 0,30 DM |
---|---|---|
Erwachsene | 0,70 DM | |
Jahreskarten | Kinder einzeln | 6,00 DM |
zwei Kinder | 8,00 DM | |
drei u. mehr Kinder | 10,00 DM | |
Erwachsene, Jugendl. ab 16 Jahren | 12,00 DM | |
Familienkarte | 20,00 DM |
1970 – 1974Anfallende Arbeiten und die Auflösung des Zweckverbandes
Aus ihrer Zeit als Bademeisterin von 1970 bis 1974 berichtet Frau Elfi Mandelkow, dass der/die Bademeister/-in, bevor die Badesaison begann, nach wie vor, alle anfallenden Arbeiten erledigen mussten. Dazu gehörten z.B. Säuberung und Streichen der Schwimmbecken, Rasen mähen, Hecke schneiden.
Weitere Aufgaben waren, Zuführung der Wasserzusätze zwecks Desinfektion, sowie die tägliche Überprüfung des Badewassers und die Eintragung ins "Wasserbuch". Das Gesundheitsamt kam regelmäßig zur Prüfung.
Für die "Fahrradwache" baute ihr Mann Holzgestelle, damit die Fahrräder ordentlich abgestellt und angeschlossen werden konnten. Je Fahrrad wurde eine Gebühr von 0,20 DM erhoben.
Nach der Gemeinde- und Gebietsreform im Jahre 1974 wurde der Zweckverband "Schwimmbad Nettlingen" aufgelöst. Federführend übernahm die Einheitsgemeinde Söhlde den Betrieb des Bades, ihr zur Seite stand die Einheitsgemeinde Schellerten.
Die laufenden Unterhaltungskosten für das Freibad Nettlingen übernahmen die beiden Gemeinden jeweils zur Hälfte.
1988 – 1993Gründungsgeschichte Bürgeraktion Freibad Nettlingen e.V.
Anlässlich des 50jährigen Bestehens der Nettlinger Badeanstalt im Jahre 1988 richtete der Ortsrat und die Vorsitzenden der Nettlinger Vereine unter tatkräftiger Beteiligung der Mitglieder des Dingelber Ortsrates eine Jubiläumsfeier aus. Ortsbürgermeister H. Tomescheit verdeutlichte in seiner Rede die Aufgabe und Verpflichtung kommender Generationen von Rat und Verwaltung das Freibad zu erhalten und moderner zu gestalten, damit dort auch in den folgenden Jahrzehnten Menschen jeden Alters Erholung und Entspannung finden.
Ebenfalls sprach sich der stellvertretende Schellerter Bürgermeister Ohlms für die Erhaltung des Freibades und der finanziellen Beteiligung der Gemeinde Schellerten in der Zukunft aus. Die Besucher konnten sich bei bei verschiedenen Aktivitäten und Spielen, die von den Vereinen ausgerichtet wurden, vergnügen. Auch das leibliche Wohl kam nicht zu kurz. Den Abschluss gestaltete die Peiner Gruppe Voice mit einem Openair Konzert. Die anlässlich der Veranstaltung gezeigten Schautafeln mit der Luftbildaufnahme des Freibades, einer Zeichnung der technischen Anlagen des Bades und Fotos von der Einweihung vor 50 Jahren wurden sehr umlagert. Von diesen Zeitzeugen konnte zum jetzigen Zeitpunkt außer 3 Fotos leider nichts mehr ausfindig gemacht werden.
Allen Besuchern wurde deutlich, dass mittlerweile der Zahn der Zeit an der Einrichtung genagt hatte. Es sollte deshalb saniert und modernisiert werden. Bei den bereits in den letzten Jahren eingeholten Voranschlägen bekam man Angebote mit zum Teil astronomischen Summen. Eine Verwirklichung dieser Pläne wurde dadurch in Frage gestellt. Aus Zeitungsartikeln ging hervor, ob sich die Gemeinde Söhlde beide Bäder (Nettlingen und Söhlde) leisten könne. Die Nettlinger Bürger waren dadurch sehr aufgewühlt, so dass bereits 1989 die erste Demonstration für den Erhalt des Bades stattfand.
1990 beschlossen die Kommunen Söhlde und Schellerten gemeinsam das Bad zu sanieren. Die Gesamtkosten für die Sanierung sollten laut Schätzung des Architekturbüros Geyer 434.000,-- DM betragen. Der erste Bauabschnitt war nach der Badesaison 1991 für ca. 200.000,-- DM geplant. Für die Finanzierung rechnete man mit einer Beteiligung von 40% durch Bund und Land und 25% - 30% vom Landkreis Hildesheim. Die Restsumme sollte von beiden Gemeinden, Söhlde und Schellerten, zu gleichen Teilen getragen werden.
Mit den Bauarbeiten konnte aber nicht begonnen werden, da von Seiten der Gemeinde Schellerten keine definitive Zusage für die Zahlung ihres Kostenanteils abgegeben wurde. Im Gegenzug war die Gemeinde Söhlde aber auch nicht bereit, ohne dieses Geld zu investieren.
Ein 1992 zusätzlich eingeholtes Bädergutachten des Ingenieurbüros Gansloser Hannover, bezifferte den Investitionsaufwand für die Mängelbeseitigung und Herstellen normgerechter Betriebszustände auf ca. 2.500.000,-- DM. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass die Betriebsfolgekosten erheblich höher seien, als die derzeitigen Kosten. Die Alternative lautete, dass Freibad mit seinem jetzigen Wasserflächenprogramm gänzlich aufzulassen und die Wasserfläche für ca. 1.700.000,-- DM neu zu gestalten.
Mit Ablauf des Jahres 1993 schied die Gemeinde Schellerten aus dem Vertrag über die Kostenteilung für die Unterhaltung des Bades Nettlingen aus. Der Rat der Gemeinde Söhlde beschloss daraufhin am 07.06.1993 das Freibad Nettlingen mit dem Ablauf der Badesaison 1993 endgültig zu schließen. Um das zu verhindern fanden sich spontan 70 Einwohner/-innen zusammen, mit dem Ziel, einen Verein zu gründen, der das Freibad Nettlingen von der Gemeinde pachtet und betreibt.
Nach einer im August 1993 durchgeführten Befragung in allen Haushalten der Ortschaft Nettlingen, die ein gutes Ergebnis im Hinblick auf die mögliche praktische und finanzielle Unterstützung des Bades durch die Bevölkerung ergab, fand am 02.11.1993 dir Gründungsversammlung des Vereins "Bürgeraktion Freibad Nettlingen e.V." statt. Zum Vorstand wurden gewählt:
- 1. Vorsitzender - Günther Reinhardt
- 2. Vorsitzender - Kerstin Beucher
- Kassenwart - Cord Burgdorf
- Schriftführer - Günther Pache
- Pressewart - Henning Rosahl
Kurz nach der Gründung wurde dem Verein die Gemeinnützigkeit anerkannt. Der Verein, mit seinem Vorsitzenden Günter Reinhardt an der Spitze, war dann auch Verhandlungspartner der Gemeindeverwaltung. Am 15.02.1994 konnte endlich ein Vertrag unterzeichnet werden, in dem der Bürgeraktion jährlich 35.000,-- DM zugestanden werden; dafür wird im Gegenzug eine dreimonatige Öffnungszeit des Freibades garantiert. Damit dem Verein bei einer größeren Störung im technischen Bereich nicht gleich die Luft ausgeht, stellt die Gemeinde außerdem einen einmaligen Betrag bis zu 30.000,-- DM zur Verfügung, nachdem die entsprechenden Nachweise (Kostenvoranschläge) erbracht worden sind. Nach Beschluss des Gemeinderates, der die Leistungen der Bürgeraktion anerkannte, erhielt der Vertrag eine fünfjährige Laufzeit ohne Einschränkungen.
Im April 1994 nahm der Vorsitzende des Nettlinger Freibadvereins, Günter Reinhardt, aus den Händen von Bürgermeister Rudolf Reinecke des Schlüssel für das Nettlinger Freibad entgegen. Mit ersten Instandsetzungsarbeiten wurde sofort begonnen. Am 25.08.1994 eröffnete das Freibad das 1. Mal unter der Regie der Bürgeraktion.
Im Verlauf der Jahre ist es den vielen freiwilligen Helfern zu verdanken, die in unermüdlichen Arbeitseinsätzen dafür sorgten, dass das Bad sich jetzt in einem so guten Zustand befindet. Die Besucherzahlen in den letzten Jahren machen deutlich, dass Baden auch in einem nichtbeheizten Freibad Spaß macht. Es müssen nicht immer Millionen investiert werden, um Kinder und Erwachsene glücklich zu machen.